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3. Parallelen gradueller Wege

4. April 2020

3. Parallelen zwischen dem graduellen Weg beider Herangehensweisen

Sicherlich ist einer der Hauptunterschiede auf den ersten Blick, dass im ‚jüdisch-chassidischen‘ Ansatz keine ausdrücklichen ‚Grade‘ genannt werden, dass überhaupt auch die drei Hauptabteilungen nicht ganz so eindeutig voneinander abgrenzbar scheinen. Im Besonderen gilt dies für die erste und zweite Abteilung des A.‘. A.‘., denen im chassidischen Weg quasi die Begriffe ‚Halakha‘ und ‚Kabbalah‘ entsprächen; denn hieran zeigt sich, dass eigentlich die ‚Halakha‘ bereits alles enthält, was auch ‚Kabbalah‘ genannt wird … lediglich das tiefere Verständnis der Verhaltensweisen der Halakha ist tendentiell zu Beginn des Weges natürlich noch nicht gegeben. Aber letztlich basiert die ganze Halakha auf den Prinzipien, die die Kabbalah dann auch für den Verstand nachvollziehbar zu machen strebt. Bevor man jedoch dieses tiefere Verständnis geschenkt bekommt, ist eine Art Vertrauensvorschuss die treibende Kraft, die einen dennoch die (teilweise geradezu absurd wirkenden) Empfehlungen der Halakha ernst nehmen und befolgen lässt.

3.1. Order of the Golden Dawn

Die Eckdaten der Arbeit der ‚Goldenen Morgenröte‘ noch einmal kurz zsammengefasst: Es geht zunächst um ein Bewusstmachen und Kräftigen des ‚Lichtkörpers‘, und um die Übung im ‚Reisen‘ mit diesem durch die verschiedenen Ebenen der Realität (mit dem Fokus auf der ’nächsten‘ Schicht, der ‚Astralebene‘).

Dieser Arbeit entspricht im (chassidisch-, bzw. ‚mystisch‘-geprägten) Judentum in etwa dasjenige, was durch die ‚Halakha‘ angestrebt wird, also durch das Befolgen des ‚rechten Wandels‘ im Leben. Grundsätzlich besteht dieser Wandel aus den regelmäßigen ‚Gebeten‘, aus regelmäßigem ‚Thora-Lernen‘ und aus vielerlei kleineren ‚Alltagsritualen‘, besonders in Form von kurzen Segenssprüchen anlässlich bestimmter Verrichtungen oder Erlebnisse.

In beiden Ansätzen erfolgt mit der Zeit des Praktizierens ein völliges ‚Verdoppeln des körperlichen Lebens‘, indem alles konkrete Tun auch eine ‚himmlische Dimension‘ erhält. Es ist ein zunehmendes Sich-Aufschwingen des Innenlebens zum Leben in der ‚Wahren Welt‘ – und damit geht einher, dass, jenseits des ‚theoretischen‘ Lernens von überlieferten Schriften, nun auch ‚von dort her‘ Neues gelernt wird.

1. Grad: Neophyt

Speziell für den Grad des Neophyten ist im A.‘. A.‘. vorgesehen, dass durch ein fortgeführtes Studium der relevanten Schriften die Grundlage, die schon in der Vorbereitungszeit gelegt worden ist, weiter gefestigt wird. Dem entspricht im jüdischen Brauchtum im Grunde die gesamte (traditionell ‚orthodoxe‘) Kindeserziehung, bei der den (männlichen) Kindern stufenweise die Heiligen Schriften nähergebracht werden (erst Tanakh, also das sogenannte ‚Alte Testament‘ nach der Ausdrucksweise der Christen; dann die Mischna, das ist der Kern, das ‚Skelett‘ des Talmud; dann die Gemara, das ist die umfangreiche Kommentierung der Mischna und der eigentliche ‚Körper‘, das ‚Fleisch‘ des Talmud; sowie überhaupt zu allen diesen Schriften mehr und mehr auch die verschiedenen Kommentare der Weisen der Jahrhunderte kennenzulernen).

Neben der Theorie gilt es im Neophyten-Grad zudem, die grundlegenden Übungen (speziell Liber E und Liber O) in den Alltag einzubauen, und sich durch ‚Tagebuch
-artige Notizen einen Überblick über die eigene Entwicklung zu ermöglichen.

Dem könnte man als jüdisches Gegenstück den Beginn einer Gewöhnung an das Leben nach der ‚Halakha‘ zuordnen – wobei der Zeitpunkt, wenn das Kind ‚Bar Mitzwah‘ wird (wörtlich ‚Sohn des Gebotes‘, mit 13 jahren), den Anfang der Verpflichtung markiert, auch wirklich den gesamten Alltag nach bestem Wissen und Gewissen nach der Halakha zu führen.

Dasjenige, was im A.‘. A.‘.-System den ‚Astral-Reisen‘ entspricht, bzw. dem Training, eine gewisse Ordnung in dieses ‚Reisen‘ zu bekommen, ist im Judentum recht eindeutig das regelmäßige (3 mal tägliche) Gebet, wenn es im chassidischen Sinne als wirkliches ‚Aufheben der Seele hin zu Gott‘ erlebt wird. Im Optimalfall wird mit der Zeit jedes der Hauptgebete (im Besonderen in der Strukturierung des Morgengebetes) als ein ‚Gang durch den Tempel‘ (hinein und wieder hinaus) erlebt, wobei das stille Gebet der sogenannten ‚Amida‘ (oder ‚Schmone Essre‘, ’18-Bitten-Gebet; oder schlicht ‚Tfillah‘) das Stehen im Allerheiligsten vor der Präsenz der ‚Einwohnung Gottes‘ repräsentiert. Doch für Näheres zu diesem Thema siehe zum Beispiel das Buch ‚Der Weg durch den Tempel‘ von Friedrich Weinreb.

2. Grad: Zelator

Als Hauptaufgabe des 2. Grades mit dem Namen ‚Zelator‘ gilt im A.‘. A.‘. das Behrrschen von Asana und Pranayama, also das Erlernen und Meistern bestimmter Körperhaltungen und Atemtechniken. Auf den ersten Blick mögen die bei Crowley hierzu gegebenen Übungen sehr speziell wirken, doch wird einem bei näherer Befassung mit diesen Praktiken (zum Beispiel auch in den Traditionen, denen sie entlehnt sind, selbst; sprich: Yoga der indischen Kultur) bald klar, dass es jenseits der grundlegenden Prinzipien nicht so sehr um diese oder jene äußere Körperstellung geht, oder um genau diese oder jene Sekundendauer von angehaltener Luft zwischen dem Ein- und Ausatmen … Es geht darum, durch körperliche Methoden, die dem Menschen innewohnende ‚Lebensenergie‘ erstens immer feinfühliger zu spüren in sich, und zweitens diese Energieflüsse mehr und mehr kontrollieren zu lernen, insbesondere, sie ‚anzusammeln‘, sie gezielt zu konzentrieren, etc.

Das chassidische Äquivalent zu dieser Zelator-Arbeit des A.‘. A.‘. wäre wieder in den täglichen Gebeten zu suchen, wobei nun der Fokus weniger auf dem Aspekt einer ‚Astral-Reise‘ liegt, als darauf, dass das Gebet jedesmal ganz bestimmten hebräischen Worten folgt, die in einem stets ähnlichen bis identischen Rhythmus gesprochen, bzw. in einer Art ‚Singsang‘ vorgetragen werden. Dazu kommt, dass verschiedene Abschnitte des Gebets jeweils verschiedene Körperhaltungen, Körperbewegungen und Handgesten mit sich bringen. Darüber hinaus gibt es besonders beim Morgengebet noch recht aufwändige Begleitumstände, indem ein Gebetsmantel mit einem bestimmten Bewegungsablauf umgeworfen wird und (an Wochentagen) gewissen lederne Gebetsriemen um Arm und Kopf gebunden werden. Indem Juden also all diese Bräuche in strenger Regelmäßigkeit praktizieren, inklusive die erwähnten Körperhaltungen und andere kleine ‚Rituale‘, die mit dem Gebet einhergehen, vollziehen sie eigentlich sehr ähnliche Dinge, wie ein ‚Zelator‘, der in täglichem Eifer seine Übungen macht. Lediglich das Bewusstsein wird ein gedämpfteres sein beim Juden, und die Dinge werden einfach getan, ohne einen allzu deutlichen ‚Zweck‘ dabei zu verfolgen (und diese ‚Zwecklosigkeit‘ ist überhaupt eine Besonderheit der ganzen Methodik des Chassidismus, also gerade sehr im Kontrast zum Ansatz des Crowleyanischen A.‘. A.‘., wo mit dem Fokus auf ‚Magie‘ natürlich Zweckmäßigkeit ein besonders hohes Instrument der Methodik ist). Letztlich aber ist die ganze Halakha im Grunde ebenfalls ein Trainingsprogramm, das den nach ihr Lebenden ‚fitt macht‘ für ein mündiges Leben in der ‚geistigen Welt‘.

3. Grad: Practicus

Im dritten Grad namens ‚Practicus‘ ist die zentrale Aufgabe des Suchenden, zu einer Art vorläufigen ‚Ordnung der Gedankenwelt‘ zu gelangen. Hierzu wird als Stichwort insbesondere das ‚Studium der Kabbalah‘ gegeben, wobei jedoch die von Crowley ‚Qabalah‘ genannte, recht eigenwillige Abart derselben gemeint ist. Speziell ist es auch im Sinne einer ‚Parallelisierung‘ des erworbenen Wissens mit seiner bisher bekannten Terminologie zu anderen Traditionen mit anderer Terminologie gemeint. Das bedeutet, dass Symboliken miteinander in Verbindung gebracht werden müssen, dass der ‚Practicus‘ möglichst zu jedem Symbol des einen Systems die Entsprechungen in anderen Systemen (er-)kennen muss, bis er an den Punkt kommt, den großen Gesamtzusammenhang zu verstehen, der alle verschiedenen Symbolsysteme vereint, deren ewigen Gehalt sichtbar macht. In Crowleys Entwurf für diesen Grad wird vor allem sein ‚Liber 777‘ als Hauptwerk zu dieser Thematik betrachtet, welches im Grunde aus nichts anderem besteht, als aus Tabellen von Symbolen und mythologischen Begriffen, die miteinander in Beziehung gesetzt werden.

Hier könnte man im Judentum als Entsprechung zu diesem ‚Allgemeinverständnis‘ von Symbolischem nennen, dass beim Praktizierenden ein immer tieferes Verständnis der Halakha Einzug erhält. Damit ist hier gemeint, dass der Bezug der Gebote der Halakha zum Geistigen dahinter, welches sich durch die äußerliche Verrichtung des Gebots nur plastisch wahrnehmbar ausdrückt, immer klarer aufleuchtet. Dasselbe gilt freilich auch für die Thora und alle darüber hinaus gehenden ‚Midraschim‘, also Geschichten und Auslegungen, die von nun an immer deutlicher in erster Linie GEISTIGE Prinzipien erläutern, als bloße ‚moralische Anleitungen‘ oder gar profane ‚historische Berichte‘ zu sein. Es ist also ein Einsehen der Allgemeingültigkeit der dahinterliegenden Prinzipien – und damit einhergehend eine Akzeptanz auch aller fremden Traditionen, als für jene anderen Gruppen eben das jeweilige ‚Rechte, Wahre und Gute‘ repräsentierend. So wird der Jude auf dieser Stufe in den alten indischen Weisheitslehren genau dieselben Botschaften wiedererkennen, die er aus seiner eigenen Kultur kennt … ohne selbst deswegen zum Inder werden zu wollen, oder den Inder zu einem Juden missionieren zu wollen …

4. Grad: Philosophus

Im vierten Grad, dem ‚Philosophus‘, geht es im A.‘. A.‘. grob gesagt um eine Festigung der Moral – und zwar nicht im Sinne irgendeiner konkreten ‚Moral‘, die man aufgrund der eigenen Erziehung und des gesellschaftlichen Umfelds, etc. angenommen hat, sondern um Moral als eine Seelenkraft, die sich aus dem gezielten Leben nach bewusst gewählten Prinzipien speist. Praktisch wird diese Festigung etwa durch die Übung der ‚rituellen Anbetung‘ zu erreichen versucht (‚Bakhti-Yoga‘ wäre hier das Stichwort aus dem indischen Kontext, die ‚Vereinigung durch Liebe‘). Ein mysteriös-anmutendes Element der Arbeit dieses Grades ist eine ‚Prüfung, was die Hingabe an den Orden anbelangt‘. Unnötig zu erwähnen, dass es sich beim ‚Orden‘ hierbei im Optimalfall NICHT um eine weltliche Institution handelt, sondern um den ‚Ewigen Orden‘ … und entsprechend ist besagte ‚Prüfung‘ etwas, das sich dem Philosophus ganz individuell zeigen muss, und deren ‚Bestehen‘ er sich in erster Linie SELBST beweisen muss (wenn auch natürlich ein ihm zugeteilter ‚Meister‘ ihm bei der Beantwortung dieser Frage beistehen kann, indem er aus seiner eigenen Erfahrung bezüglich dieser Prüfung schöpft).

Im Chassidismus liegt an dieser Stelle der Fokus erstmals ganz bewusst auf dem, was ein Friedrich Weinreb das ‚Mysterium des Tuns‘ nennt; es geht um das Handeln in der Welt bis hin zur partiellen Selbstaufgabe, das nicht länger als Verlust empfunden wird, sondern im Gegenteil zur Quelle unerschöpflicher Kraft und Motiviertheit transformiert wird. Und um den Vergleich zum vierten Grad des A.‘. A.‘. zu erleichtern: Angefangen sei bei dieser Intensivierung der Hingabe vielleicht schon bei einer weiteren Intensivierung des Gebets, dabei den Aspekt der ‚Anbetung‘ des Ewigen als persönlicher Gottheit in den Vordergrund rückend. Aber auch Kleinigkeiten im Bezug auf die ohnehin schon lange gepflegte Halakha können hier eine besondere Rolle im individuellen Weg übernehmen: das Selbstknüpfen von Tzitzith (= Schaufäden an bestimmten Gewändern, siehe Numeri 15,37-41), das Schreiben von Mezuzah-Pergamenten (= Amulette an Türrahmen, siehe etwa Deuteronomium 6,9), etc. Auch über ‚Tzedakah‘ (= Spenden, Wohltätigkeit; wörtlich eigentlich ‚Gerechtigkeit‘), sowie die seelische (und freilich auch körperliche) Fürsorge für seine Mitmenschen kann hier einiges an innerer Kraft aktiviert werden. Über allem als Leitmotiv stehe aber stets die Liebe und Hingabe an seine Menschengeschwister, als der ‚wahre Gottesdienst‘ … und nicht etwa der Geltungsdrang, besonders ‚heilig‘ zu wirken.

Und als Äquivalent der ‚Prüfung der Hingabe zum Orden‘ im A.‘. A.‘. ließe sich hier so etwas sagen, wie dass die Hingabe an ‚das rechte Tun‘ soweit gehen kann, dass sogar große Lebensentscheidungen aufgrund des Glaubens getroffen werden, wie etwa der Entschluss zu einem (vielleicht aus rein wirtschaftlicher Sicht riskanten) Jobwechsel o.ä.

Übergangsgrad ‚Dominus Liminis‘

Der erste sogenannte ‚Übergangsgrad‘, genannt ‚Dominus Liminis‘, ‚Herr der Schwelle‘, bedeutet ein ’sich Sammeln‘ vor dem nächsten großen Schritt, ein Zusammenführen der bisherigen Fähigkeiten zu einer Einheit. Während also in den vier ersten Graden jeweils eine bestimmte Hauptarbeit zu bewältigen, zu ‚meistern‘ war, welche sich mehr oder weniger präzise umgrenzen lässt, ist nun die Zeit gekommen, diese diversen Fähigkeiten zu einem möglichst organischen Ganzen einer ‚magischen Persönlichkeit‘ zusammenwachsen zu lassen.

Demgegenüber findet sich in der chassidsch-jüdischen Herangehensweise (und hieran erkennen wir nun einen wichtigen Unterschied zwischen den beiden miteinander verglichenen Ansätzen des ‚Weges‘) an dieser Stelle keine so große Notwendigkeit zur ‚Nachjustierung‘, zur Harmonisierung des bisher Gelernten … einfach, weil der Weg ohnehin ein heiles Ganzes ist, nicht wie beim A.‘. A.‘. in ‚Grade‘ unterteilt. Wir haben ja schon bei Besprechung der Äquivalente zu den Graden gemerkt, dass sich die Dinge hier nicht ganz so klar abgrenzen lassen (die ‚Gebete‘ etwa tauchen in mehreren Graden als wichtige ‚Übung‘ auf, nur jeweils mit unterschiedlicher Akzentuierung). Dieses Prinzip wird sich ohnehin weiter durch den ganzen ‚Weg‘ hindurch ziehen; auch der ‚Übergang in den nächsten Orden‘ ist im Chassidismus natürlich nicht mit deutlichen ‚äußerlichen‘ Änderungen verbunden, sondern eher etwas, das sich nur am inneren Erleben festmachen lässt.

Was man aber vielleicht hier am Punkt des Überganges sagen kann, ist, dass die ‚Vorbedingung‘, um die nächsten großen Schritte angehen zu können, hier erreicht sein sollte: das Verschmelzen des ganzen Alltags mit dem Studium der Thora, sozusagen ein Aufheben jeglicher Trennung zwischen Alltag und ‚Heiligem‘. Jedenfalls was das innere Erleben betrifft – äußerlich wird man aus symbolischen Gründen weiter zwischen ‚heilig und profan‘, zwischen ‚rein und unrein‘ unterscheiden, z. B. im Bezug auf die Werktage und den Sabbat, oder auf koscheres Essen und ‚Treife‘ (‚Zerrissenes‘, wird zu allem ’nicht-koscheren‘ gesagt).

3.2. Order of the Rosy Cross

Zunächst die Geschehnisse der Phase des ‚Rosenkreuzes‘ nun auch noch einmal knapp zusammengefasst: hierbei handelt es sich primär um ein Kennenlernen des ‚Heiligen Schutzengels‘ und um ein zunehmendes Verschmelzen mit ihm. Auf diese Weise wird der ‚Weg‘ des Adepten von nun an immer individueller, kann der äußerlichen Form nach nicht mehr so deutlich vorhergesagt werden, wie bei der Arbeit im ‚ersten Orden‘.

Dem entspricht im Chassidismus, sehr platt ausgedrückt, ein erstes Erleben der ‚Unio Mystica‘, des tatsächlichen ‚Einsseins mit dem Ewigen‘, trotzdem sich der Mystiker weiter ganz ’normal‘ in der zeitlichen Welt bewegt (und in diesem Sinne äußerlich noch genauso auftritt, wie davor – also in erster Linie die Halakha beachtet und alles Tun und Lassen an ihr misst). Das innere Erleben, das man als diese ‚Unio Mystica‘ beschreiben kann, stellt sich dar als ein sich ständig konfrontiert sehen mit ‚Gott‘, als dem einzigen wahren Gegenüber. Mit Blick auf eine Art Wortspiel des Hebräischen kann das auch angedeutet werden mit der Formulierung ‚Begreifen des Namens ‚Adam‘ (dann zu übersetzen als ‚Ich gleiche‘)‘, wobei es zu einem zunehmenden Einleben dieses Bewusstseins in den Alltag kommen soll. Dadurch beginnt eine Art des Lernens von ‚den Weisen‘ selbst, in unmittelbarer Form, die man bisher nur aus ’staubigen Büchern‘, als vermeintliche ‚historische Persönlichkeiten‘ kennengelernt hatte. Dies kann gehen bis hin zu einem direkten Belehrtwerden von ‚den Engeln‘, den ‚Boten des Ewigen‘. Um den Vergleich zur Terminologie des A.‘. A.‘. zu erleichtern, können wir hier die Möglichkeit ansprechen, dass dabei auch ‚ein bestimmter Engel‘ der primäre ‚Kanal‘ wird, über den die ‚himmlischen Botschaften‘ den Mystiker erreichen. Eine andere Ausdrucksweise ist, dieses neue ‚Lernen‘ als ein ‚Lesen der Heiligen Schrift der ganzen Natur‘ zu bezeichnen, bzw. als ein ‚Hören der Bath Qol (‚Tochter der Stimme‘, sinngemäß eine ‚göttliche Inspiration‘)‘.

5. Grad: Adeptus Minor

Es lohnt sich an dieser Stelle, das Büchlein von der ‚Heiligen Magie von Abramelin dem Magier‘ wirklich mal zu lesen (oder es wenigstens zu überfliegen). Dabei wird sich deutlich zeigen, wie eng die Parallelen zum klassischen Judentum sind, bestehen die (6, bzw. 18 monatigen) ‚Vorbereitungen‘ zu dem beschriebenen ‚Beschwörungsritual‘ doch aus kaum etwas anderem, als aus dem graduellen Sich-Gewöhnen an eine orthodox-jüdische Gebetspraxis (zwar ein wenig anders gestaltet, als in heutigen Gebetsbüchern beschrieben, aber im Großen und Ganzen dieselben Komponenten beinhaltend; lediglich spielt bei ‚Abramelin‘ bei der äußeren Verrichtung des Gebets noch das Räuchern, Salbungen mit Öl, sowie ein physischer Altar eine Rolle).

Im Zuge des ‚Rituals‘ (bzw. des ggf. langwierigen Geschehens und Erlebens, das vermittels eines solchen Rituals begünstigt werden kann) des Kennenlernens seines eigenen Heiligen Schutzengels ist es notwendig, wie weiter oben schon angesprochen, direkt im Anschluss an das Kennenlernen, die ‚vier Höllenfürsten‘ zu beschwören – und sie zu bezwingen.

Dies könnte einen Kenner der jüdischen Überlieferung an eine Auslegung der Geschichte des Erzvaters Jakob erinnern: Als dieser am ‚Jabbok-Fluss‘ einen merkwürdigen ‚Kampf‘ hat, erhält er nämlich seinen ’neuen Namen‘ (‚Israel‘). Dieser neue Name deutet nach besagter Auslegung an, dass Jakob (Zahlenwert 182) mit dem Satan (Zahlenwert 359) gekämpft hat und bestehen konnte, sodass er nun den Satan in sich integriert, wodurch er ihn sich dienstbar macht, und nun ‚Israel‘ heißen darf (Zahlenwert 182+359=541), sodass er in ‚dieser Welt hier‘ auch seine ‚Auserwähltheit‘ für die ‚jenseitige Welt‘ geltend machen kann. Dieses ‚in beiden Welten gelten können‘ wird als die eigentliche Bedeutung des Terminus Technicus ‚Segen‘ bezeichnet. Doch für die Details dieser Geschichte und dieser Konzepte muss hier auf die jüdische Überlieferung verwiesen werden (oder, für eine zumindest etwas ausführlichere Einführung, auf den Youtube-Kanal ‚Jochanan Massorah‘, und die Videos zum Thema ‚Jakob‘, ‚Kampf am Jabbok‘, ‚Jakob und Esau‘ und ähnliche Titel).

Es sei aber noch angemerkt in diesem Zusammenhang, dass im Rahmen des A.‘. A.‘.-Systems all dieses Geschehen des Adeptus Minor-Grades gerade in der Sephirah Tiphereth stattfindet. Und diese ist traditionell dem Patriarchen ‚Jakob‘ zugeordnet …

Um zuletzt noch einen sehr augenfälligen ‚Beweis‘ der Parallelen zwischen unseren beiden Vergleichsobjekten zu liefern: Der sogenannte Kontakt zum ‚Schutzengel‘ und noch mehr der dadurch ermöglichte Eintritt ins Studium am ‚Kollegium des Heiligen Geistes‘ sollte doch jedem, der ein bisschen durch das Äußere von Terminologie hindurchschauen kann, als geradezu identisch mit dem auffallen, was in der jüdischen Überlieferung als ein ‚Hören der Bath Qol‘ bezeichnet wird, und im noch umfassenderen Sinne quasi ein ‚Lesen in der Heiligen Schrift der ganzen Natur‘ ist.

 

6. Grad: Adeptus Major

Was bei Crowley – gewohnt mysteriös – als ein ‚Beherrschen von praktischer Magie‘ bezeichnet wird (wörtlich auch ‚magische Kräfte zweiten Ranges‘ genannt), und ein Ausleben des ‚Wahren Willens‘ meint, jedoch noch ohne tieferes Verständnis, ließe sich vielleicht etwas weniger reißerisch und dafür trockener, abstrakter beschreiben als ein ‚intuitives Suchen und Finden der perfekten Balance im Umgang mit jeder erdenklichen Lebenssituation‘. Diese nüchternere Umschreibung soll das Gemeinte dabei keineswegs in seiner Schwere und Bedeutsamkeit schmälern, es ist in der Tat ‚Magie‘ im Sinne eines gezielten (Be-)Wirkens.

Der Adept diesen Grades ist dadurch insbesondere ein Weitergebender dessen, was ihm ‚von oben her‘ zufließt (sei es von physischen Mitmenschen als seinen ‚Lehrern‘, sei es auch von ‚Lehrern‘ aus der anderen Welt). Und zwar gibt er es nicht einfach ziellos weiter ‚an alle Welt‘, sondern explizit an die ihm zugeordneten ‚Schüler‘ (was nicht heißt, dass er ‚aller Welt‘ demgegenüber irgendetwas verheimlicht – nur kann diese Art von Wissen ab einer bestimmten Stufe nicht in allgemeinverständlicher Sprache weitergegeben werden, sondern muss den je individuellen Zugang zum Empfänglichen finden).

Diesem Grad entspricht in der chassidischen Lebensweise und deren Gemeinschaftsform eine Art ‚Thora-Lehrer‘, der dem ‚inneren Kreis‘ von Schülern eines wahren ‚Rebbe‘ angehört. Was ein wahrer ‚Rebbe‘ ist, kann im Abschnitt zum nächsten Grad ein wenig näher beleuchtet werden.

Der ‚Rebbe-Vertraute‘, der hier nun dem ‚Adeptus Major‘ des A.‘. A.‘. entspricht, könnte vielleicht grob charakterisiert werden als jemand, der sein ganzes Handeln bereits aufgrund von einer (wenn auch großenteils unbewusster) Entzifferung der persönlichen Botschaften der ‚Bath Qol‘, oder des ‚Geistes Gottes‘ wählt. Dies geschieht aber eben noch intuitiv-tastend, nicht bewusst-gezielt – er ist ‚vom Geist getrieben‘, lässt sich nicht mehr von untergeordneten Geistern irritieren, aber beherrscht noch nicht selbst alle diese ‚untergeordneten‘ Geister uneingeschränkt. Er zeichnet sich durch sein unerschütterliches Vertrauen auf ’seinen Rebbe‘ aus (wiederum: ob nun dieser Rebbe ein physischer Mensch seines Umfelds ist, oder auch der ‚Lehrer in ihm selbst‘, vgl. hierzu wiederum das Konzept des ‚Heiligen Schutzengels‘).

7. Grad: Adeptus Exemptus

Wie im ersten Teil dieser Abhandlung angesprochen, geht es beim Abschlussgrad des Rosenkreuzer-Ordens darum, die ‚Kunst der Magie‘ (auf einer individuellen Ebene) zu perfektionieren, was auch damit einhergeht, das eigene individuelle ‚Weltbild‘ soweit vollendet zu haben, dass man es in so präziser Form vor Augen hat, sodass in formulierten Worten seine Struktur (zumindest prinzipiell) als Ganzes weitergegeben werden kann. Formal schließt dies dann, den Ausführungen Crowleys nach, die ‚Veröffentlichung‘ einer Schrift diesen Inhalts ein, auf der eine eigene ‚Denkschule‘ basiert, bzw. basieren könnte. Als Beispiele für solche Schriften und deren Autoren nennt Crowley einmal: ‚Eliphas Levi’s „Clef des Grands Mysteres,“ the works of Swedenborg, von Eckartshausen, Robert Fludd, Paracelsus, Newton, Bolyai, Hinton, Berkeley, Loyola, etc., etc., are examples of such essays.‘ (One Star in Sight)

Dies alles bringt mit sich, dass der Adept endlich die Fähigkeit und Autorität zur Leiterschaft seiner (eigenen) ‚Schule‘ (Einweihungsweg) bis an den Punkt innehat, den er jetzt selbst erreicht hat (das umfasst also ‚die ersten beiden Orden‘ in ihrer Gänze). Hier sei noch einmal deutlich darauf hingewiesen, dass sich diese ganze A.‘. A.‘.-Struktur als Skelett einer JEDEN möglichen ‚Schule des Weges‘ begreifen lässt!

Und wie es sich ja eigentlich schon aus den letzten Abschnitten her ergibt, steht an der Stelle dieses ‚7. Grades‘, auf der anderen Seite unseres Vergleiches, beim chassidischen Judentum, die Figur des ‚Rebben‘, oder ‚Rabbis‘ (das ist NICHT dasselbe wie ein ‚Rabbiner‘, welcher ein bloßer ‚Geistlicher‘ einer weltlichen religiösen Institution ist, genau wie ein Pfarrer, Pastor, etc. …).

Friedrich Weinreb, seligen Andenkens, gibt einmal folgende Definition dessen, was man einen ‚Rebben‘ (bzw. einen ‚Rabbi‘) nennt: ‚Das Wort Rabbi kommt von ‚Raw‘, das ‚viel‘ bedeutet. Gemeint ist nicht, dass er viel Macht oder sonstigen Spaß hat, es will sagen, dass das Leben für ihn nicht die Eindeutigkeit der physischen Wahrnehmung ist, sondern dass er immer vieles sieht, spürt und empfindet. Das gilt vor allem vom Worte Gottes. Er kennt nicht die Meinung, er weiß, dass es unendlich viele Auslegungen gibt, weil das Wort heilig ist, vom Ewigen her zu uns kommt. Es ist in uns, und das ist die göttliche Anwesenheit im Menschen. Ein Rabbi muss deshalb sanft sein, aus sich selber schon, denn er weiß, alles, was sich artikuliert, sich manifestiert, hat irgndwo seinen Sinn und damit auch seine Berechtigung. Er weiß, dass das Rechthaberische, das nur diese oder jene Meinung gelten lassen will, aggressiv, zerstörerisch ist. Wie die Mentalität des Wissenschaftlichen fast immer nur einer Meinung Recht geben kann.

Ein Rabbi ist also im Menschen der Lehrer, der ihn ermutigt, das Leben hier als Fluss aus der Quelle der Ewigkeiten zu sehen, der ihm die Wunder des Lebens zeigt. Man kann manchmal erfahrenere Freunde haben, die einen dann durch ihr Verhalten, durch die Begegnung auf dies alles aufmerksam machen können.

Solch ein Rabbi weiß, dass er in Bescheidenheit lebt, weil es nicht anders geht. Er ist, wie Israel, verborgen, unverletzbar in der Verborgenheit. […] Der sanfte Rabbi zieht sich zurück. Für die Bescheidenen, für die Gott Suchenden, für die den ewigen Lebenssinn Suchenden meldet er sich immer. Das Schicksal schickt den Rabbi schon zur Begegnung. Es sei, er kommt als sichtbarer Mensch, es sei, im Suchenden meldet sich der verborgene Lehrer.‘ (Weinreb: ‚Das Jüdische Passahmahl‘)

In der praktischen Konsequenz wird so ein echter ‚Rabbi‘ dann auch ein brietes Wissen von der (Jüdischen) Überlieferung haben. Aber im Unterschied zu einem bloßen ‚eisernen Kopf‘, der vielleicht den ganzen Talmud auswendig kann und sich wunderbar auf das logisch-spitzfindige Argumentieren versteht, ist dieses ‚Wissen‘ beim Rabbi etwas ihm natürlich zufließendes, aus dem er ohne jede Mühe schöpfen kann, und dies nicht zum intellektuellen Rausch tut, sondern um damit handelnd in die Welt und das Schicksal ihrer Bewohner einzugreifen, wenn er sich dazu aufgerufen erlebt.

Auch bei einem solchen ‚Rabbi‘ kann man also eigentlich ganz ähnliche ‚Fähigkeiten‘ konstatieren, wie beim ‚Adeptus Exemptus‘ des A.‘. A.‘.: ein Beherrschen sämtlicher Grundkonzepte der Überlieferung als unerschütterlicher Rahmen jeglichen Alltagshandelns, und auch jeglicher besonderer Aktivitäten – aber viel wichtiger: das mühelose Anwenden dieses ‚Weltbildes‘ durch die spontanen Worte und Taten. Das macht diesen ‚Rabbi‘ dann möglicherweise auch äußerlich zu einem ‚Rebben‘ irgendeiner chassidischen Gemeinschaft, zu einem in diesen Kreisen anerkannten ‚Großen Weisen‘, bzw. mindestens zu einem außergewöhnlichen ‚Thora-Gelehrten‘. Jedenfalls ist er dan auch ein ‚Adeptus Exemptus‘ … wenn er sich auch kaum so nennen würde, oder von anderen so genannt würde in seinem Umfeld …

Übergangsgrad ‚Babe of the Abyss‘

Das im ersten Teil dieser Abhandlung relativ ausführlich behandelte Geschehen des Übergangsgrades zwischen zweitem und drittem Orden wollen wir hier nur noch kurz in Bezug zum chassidischen Weg einordnen:

Es ist dies ja grundsätzlich ein ‚Aufgeben von Allem‘, das bisher erreicht wurde an fester Struktur – sei es im Weltbild, sei es aber auch im mehr ‚emotionalen‘ Gefestigtsein durch die biherigen geistigen Erfahrungen (inklusive den sogenannten ‚Schutzengel‘-Kontakt, der ja das ‚Adeptentum‘ am entscheidensten prägt).

Und so ist es auch beim chassidischen Weg an dieser kritischen Schwelle ein völliges Relativieren aller bisherigen Kenntnisse innerhalb des eigenen Denksystems und ein (wirklich auch inneres) Aufgeben aller Gewissheit des eigenen Handelns und Erlebens; und es ist insbesondere ein Geringachten des inzwischen erworbenen ‚Weisen‘-Status, und das aktive Ablehnen von ausdrücklichen ‚Schülern‘ in der Gefolgschaft, das erforderlich sein wird, um den ‚Abgrund‘ zu bewältigen. Denn von nun an geht es darum, die Gruppengebundenheit, die ein wichtiger Begleiter auf dem bisherigen Weg war, zu transzendieren, um sich der Gottesebenbildlichkeit des Ürsprünglichen Menschen (des ‚Adam Qadmon‘), das heißt auch: der GANZEN ‚real existierenden‘ Menschheit, auch wirklich ‚in der Tat‘ hingeben zu können.

3.3. Order of the Silver Star

Die Arbeit des eigentlichen ‚Inneren Ordens‘, des ‚Silbersterns‘, wäre dann so zu umreißen: Ein völliges Aufgeben des individuellen Weges und gar ein Verlieren des ‚Schutzengels‘, der einen bis hierhin in den ‚Abyss‘ geleitet hat, und ein gewaltiges ’sich neu gebären lassen‘ aus dem Abgrund heraus, aus der ‚Gebärmutter Babalons‘, gezeugt durch ‚das Biest‘.

Im chassidischen Gegenüber könnte man diese Symbolik wiederfinden im Durchbrechen des Gebundenseins an die eigene Tradition (also in diesem Fall an die Tradition des Judentums überhaupt), sodass wirklich eine Bereitschaft zum Aufgeben von allem bisher Gelernten erlebt wird, weil man die Nichtigkeit der bloßen äußeren Formen und Symbole einzusehen begonnen hat. Und der ‚Durchbruch‘, um den es geht, ist ein Durchbruch zu einem nun endlich völlig freien Empfangen der kosmischen ‚Botschaft‘, von allen Welten her und von allen deren Kräften. Und sogar die Zahl 666 tritt uns hier auch im jüdischen Gewand noch entgegen; nämlich als die Entfaltung der 36 (36+35+34+33+32+…+4+3+2+1=666), mit welcher gerade die ‚Nistarim‘, die ‚Verborgenen Zaddiqim‘ gemeint sind, ‚auf denen die Welt steht‘, wie es heißt. Es gilt an dieser Stelle des Weges also, zu begreifen, was es mit ‚ihnen‘ wirklich auf sich hat, und so von dieser ‚Zahl‘ (dem ‚Biest‘, das auch ‚der Mensch‘ ist, also) ‚befruchtet zu werden‘.

3.3.1. Magister Templi (8. Grad)

Wie in vorherigen Teilen schon ausgeführt, beginnt hier im A.‘. A.‘., beim Eintritt in den eigentlichen ‚Inneren Orden‘, die Fähigkeit zur Begründung eines neuen ‚äußeren Ordens‘ (für alle bisherigen Grade).

Wie kann man diese Qualifikation auf das Modell des Chassidismus übertragen? Wohl nicht mehr so, dass es der durchschnittliche chassidische Jude ‚unterschreiben würde‘, herrscht doch der Chauvinismus in dieser wie in jeder anderen Religion vor, und man ist in der Regel der Meinung, dass es keinesfalls etwas ‚höheres‘ geben könne, als die Wahrheit der ‚eigenen‘ Tradition … bei aller ‚Toleranz‘ allem anderen gegenüber natürlich …

Doch ungeachtet dieser Befürchtungen in Bezug auf die breitere Masse, sei hier doch folgendes behauptet: Auch im Chassidismus ist es vorstellbar, dass die wirklichen ‚Weisen‘ wissen (oder, wenn bisher noch nie mit einer derartigen Situation konfrontiert, zumindest ‚ahnen‘), dass eine Möglichkeit besteht, auch außerhalb der eigenen Tradition jegliches Konzept der Überlieferung zu vermitteln. Dass also oberhalb aller Worte und sogar oberhalb aller bildhaften Formen und Mythen der Überlieferung noch eine gestaltlose Schicht der ewigen Wahrheit besteht, die sich je nach Kultur- und Zeitkontext immer und immer wieder neu manifestieren kann, in jeder Gestalt, die sich anbietet.

Und theoretisch könnte eine solche Einsicht somit, wenn sie nicht nur abstrakt gedacht, sondern auch konsequent praktisch gelebt wird, auch im Judentum (bzw. aus dem Judentum ‚heraus‘) eine neue ‚Schule‘ begründen. Tendentiell aber würde so eine ’neue Schule‘ wohl ohne feste äußere Form sein. Als leuchtendes Beispiel sei hier natürlich Friedrich Weinreb und sein Lebenswerk genannt.

3.3.2. Magus (9. Grad)

Zum neunten Grad, dem ‚Magus‘, ist es schon sehr schwierig, viel zu sagen, ohne in allzu symbolischer Sprache zu reden. Nicht umsonst hat ein Crowley sich zu den höheren Graden noch am ausführlichsten in lyrischer Form geäußert. Doch wir können grob die Vollendung der ‚Magie‘ an diese Stelle setzen: hier geschieht ein ‚(Mit-)Kreieren der (neuen, sich ständig erneuernden) Welt‘ durch den ‚Magus‘, indem das ‚Wort‘ (der ‚Logos‘, in seiner geschichtlich aktuellen, dem herrschenden ‚Äon‘ an- und zu-gemessenen Gestalt) völlig im Inneren des Magiers lebendig am wirken ist, und dieses ‚Wort‘ durch sein Handeln in der Welt verbreitet wird, sich also ‚durch die Existenz des Magus ausdrückt‘, sich so ‚externalisiert‘, und seine transformierende Kraft in der Schöpfung (und im Besonderen innerhalb der menschlichen Gesellschaft) entfaltet.

Diesen Beschreibungen entspricht im jüdischen Mythos ziemlich präzise die Tätigkeit der ‚Nachkommen König Davids‘, die im Geheimen durch ihren Austausch und ihr Tun und Denken die Weltgeschicke lenken – als ‚Sachwalter des Ewigen auf Erden‘ sozusagen.

3.3.3. Ipsissimus (10. Grad)

Zu diesem ‚höchsten‘ Grad kann nicht mehr viel gesagt werden an dieser Stelle, außer: Es ist das völlige Einssein mit der ganzen Schöpfung – äußerlich besteht keinerlei Unterschied zum 9. Grad. Und in Bezug auf unser Vergleichsobjekt, das chassidische Judentum, bleibt auch nur noch: dito.

!B!

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