Liebe zur Welt – Agape für den Kosmos?!
Gedanken zum Begriff der ‚Welt‘ im Neuen Testament (‚Kosmos‘ im Altgriechischen)
Die ‚Liebe zur Welt‘ ist ein schwieriges Thema. Nicht nur im traditionellen Christentum, sondern für jeden Menschen, der schonungslos und aufrichtig das Treiben der Weltenbewohner betrachtet … Aber gerade für das Christentum ist die Thematik ‚Weltliebe‘ eine ganz besonders wichtige – und eine nicht immer unkomplizierte. Obwohl sie, wie eigentlich alles Wesentliche, doch im Grunde ganz einfach ist.
Die vorläufige ‚Arbeits-Hypothese‘ für den folgenden Artikel sei nun, dass das altgriechische Wort ‚Kosmos‘ (κοσμος) in der Bibel (speziell im Neuen Testament, dessen Ursprache das Altgriechische ist, aber auch im Alten Testament, das im Altgriechischen der sogenannten ‚Septuaginta‘-Übersetzung vorliegt) in erster Linie die ‚(rein äußerliche) Welt‘ und die ‚(herrschende, bösartige) Weltordnung‘ meint, also ausdrücklich NICHT identisch mit ‚Schöpfung‘ oder ‚Erde‘ ist.
Zunächst also eine kleine Bestandsaufnahme: Das altgriechische Wort ‚kosmos‘ leitet sich grundsätzlich her von der Bedeutung des ‚Ordnens‘, aber damit einhergehend auch von der Bedeutung des ‚Verzierens, Schmückens‘. Es könnte daher (neben ‚Welt(ordnung)‘, bzw. ‚harmonisches Weltganzes‘), auch ganz schlicht als ‚Verzierung, Schmuck‘ übersetzt werden. Als ‚Schmuck‘ wird es übrigens auch typischerweise an einer bestimmten Stelle im NT übersetzt, wo es nämlich geradezu unmöglich mit ‚Welt‘ übersetzt werden könnte, in 1.Petrus 3,1-4: ‚Gleicherweise ihr Weiber, seid euren eigenen Männern unterwürfig, auf daß, wenn auch etliche dem Worte nicht gehorchen, sie durch den Wandel der Weiber ohne Wort mögen gewonnen werden, indem sie euren in Furcht keuschen Wandel angeschaut haben; deren SCHMUCK [= Kosmos] nicht der auswendige sei durch Flechten der Haare und Umhängen von Gold oder Anziehen von Kleidern, sondern der verborgene Mensch des Herzens in dem unverweslichen Schmuck des sanften und stillen Geistes, welcher vor Gott sehr köstlich ist.‘
Man beachte darüber hinaus auch Verse im Alten Testament wie z. B. Exodus 33,5+6, 2. Samuel 1,24 oder Jesaja 3,18ff und andere Stellen in den drei großen Propheten, wo in der Septuaginta einige Male ‚kosmos‘ für ‚Schmuck‘ steht. Außerdem wird ‚kosmos‘ in den ‚Sprüchen‘ der Septuaginta mehrfach als ‚Glanz, Ehre‘ oder ähnliches, also als eine Art ‚Schmuck‘ im übertragenen Sinne, übersetzt, siehe etwa Sprüche 17,6; 20,29. Das Hebräische Wort für den ‚Schmuck‘ in Exodus und Samuel ist ‚Adi‘ (‚Schmuck, Geschmeide‘; vom selben Stamm gebildet wie das Wort für ‚ewig, Ewigkeit‘ und das Wort für ‚bezeugen; Zeuge‘), und für den ‚Glanz‘ bei Jesaja und in den Sprüchen ist es ‚Tiph’ereth‘ (‚Schmuck, Zierde, Glanz; Ruhm, Stolz, Ehre‘; vom Stamm ‚zieren; verherrlichen‘) – beide Wörter in der Ursprache deuten also in keiner Weise auf ‚Welt‘ als Ganzes hin, sondern in erster Linie auf das ‚Schmücken(de)‘, das gegebenenfalls als EIN Aspekt der ‚Welt‘, bzw. der ‚Schöpfung‘ gelten kann.
In der Septuaginta (traditionell abgekürzt ‚LXX‘) wird das Wort ‚kosmos‘ also in erster Linie in der Bedeutung des gerade erwähnten ‚Schmuckes‘, aber durchaus AUCH in der Bedeutung des ‚harmonisch Geordneten‘, insbesondere des Sternenhimmels, verwendet; dagegen wird es nur selten (oder NIE?!) als Griechische Entsprechung zum Hebräischen “Olam‘ (= oft als ‚Welt‘ oder ‚Weltzeit‘ ins Deutsche übersetzt) gebraucht – vermutlich, da “Olam‘ ein zu breites Spektrum an Bedeutungen abdeckt, als dass es einfach mit ‚kosmos‘ im Sinne von ‚Welt‘ übersetzt werden könnte; ‚Olam‘ bedeutet nämlich auch ‚Ewigkeit‘, ‚Weltzeit, Äon‘ und ‚Gemeinschaft‘.
“Olam‘ stammt von einer Wurzel, die ‚verbergen‘ bedeutet, ist somit eigentlich eher das ‚Verborgene‘ – also fast schon das genaue Gegenteil zum Griechischen ‚Schmuck‘, als etwas, das sich ja demonstrativ ‚zeigt‘, präsentiert; jedoch kann “Olam‘ auch statt als ‚Verborgenes‘ als ‚Verbergendes‘ verstanden werden – also: so wie der Schmuck, die Verzierung, etwas vermeintlich weniger Schönes/Gutes unter und hinter sich ‚verbirgt‘, tut die ‚Welt‘ es in verführerisch-täuschender Weise mit dem Ewigen, in dem und auf dem sie gründet).
Meist wird “Olam‘ aber nun in der LXX mit ‚Aionos‘, also mit ‚Weltzeit, Äon‘ übersetzt.
In den Fällen, wo ‚kosmos‘ in der LXX im Sinne eines ‚harmonisch Geordneten in der Schöpfung‘ gebraucht wird, steht im Hebräischen Original ausnahmslos das Wort ‚Tzeva’ah‘, das in seiner Mehrzahl das durch die Luther-Übersetzung auch den meisten deutschsprachigen Bibellesern bekannte ‚Tzeva’oth‘ ist (‚HERR Zebaot‘, wie der ‚Ewige der Heerscharen‘ dort heißt).
Die Beispiele für diesen Gebrauch sind Folgende: Genesis 2,1: ’so wurden vollendet die Himmel und die Erde und all ihr KOSMOS (‚all ihr Heer‘)‘; Deuteronomium 4,19: ‚… das ganze HEER (= KOSMOS) des Himmels‘; Jesaja 24,21: ‚… heimsuchen die Heerschar des Himmels (‚ton kosmon tou ouranou‘; obwohl im Hebräischen hier eigentlich ‚Höhe‘ statt ‚Himmel‘ steht)‘; Jesaja 40,26: ‚… der herausführt nach der Zahl ihr Heer (bzw. ‚ihren Kosmos‘) …‘.
Unterm Strich lässt sich also sagen: In den häufigsten Fällen wird in der LXX das griechische Wort ‚kosmos‘ benutzt als ein Wort für besagten ‚Schmuck‘ (Hebräisch “Adi‘, wie oben schon angedeutet, ist dieser Begriff auch als vom Wort “Ad‘, ‚Ewigkeit‘ oder “Ed‘, ‚Zeuge‘ abgeleitet interpretierbar), oder aber für eine konkrete ‚Ordnung‘ innerhalb der Schöpfung, insbesondere als ‚Ordnung der Sterne und Sternzeichen‘, bzw. als das ‚Heer des Himmels‘ (Hebräisch ‚Tzeva’ah/Tzeva’oth‘), oder allgemeiner interpretiert: als das ‚Anordnen‘ bestimmter Verhältnisse in der Schöpfung – nie allerdings für ‚die Schöpfung‘ (auch nicht für die ‚gefallene‘) als Ganzes.
Im Neuen Testament dagegen dominieren die zwei einander gegenüberstehenden Bedeutungen ‚äußerlich herrschende Weltordnung‘ und ‚harmonisches Weltganzes‘, wobei letzteres deutlich seltener aus dem jeweiligen Verskontext her wahrscheinlich erscheint. In den folgenden zwei näher betrachteten Beispielversen (1. Johannes 2,15 und Jakobus 4,4) ist es dann auch kontextbedingt stets die Übersetzung als ‚äußerlich herrschende Weltordnung‘, die in der Kirchengeschichte bis heute bevorzugt gewählt wird. Das ‚harmonische Weltganze‘ findet sich dagegen etwa in Römer 1,20 als naheliegende Übersetzung.
Und bei Betrachtung dieser scheinbaren Widersprüchlichkeit der zwei Hauptnuancen des Wortes ‚Kosmos‘ im NT vor dem Hintergrund des alttestamentlichen LXX-Gebrauchs könnte man als provisorische Erklärung folgenden Gedankengang versuchen: Sowohl ‚äußerlich herrschende Weltordnung‘, als auch ‚harmonisches Weltganzes‘ sind Erscheinungsformen eines ‚Sich-Schmückens‘ von Himmel und Erde, also der Schöpfung Gottes. Und wie die ‚Heere der Himmel‘ im AT einerseits als ’schön geordnet‘, als ‚Zeichen und Zeiten anzeigend‘, und als die ‚Herrlichkeit Gottes verkündend‘ (siehe etwa Genesis 1,14 oder auch Psalm 19,1f; 148,2ff) charakterisiert werden, andererseits aber auch als Objekt der Götzenverehrung auftreten und als ‚mit harter Hand das Schicksal der Erdenbewohner bestimmend‘ (letzteres wird besonders betont in der jüdischen Überlieferung, die sagt, dass ’nur Israel ÜBER den Sternen steht‘, alle ‚Völker‘ dagegen ihrer Schicksalsbestimmung unterworfen seien) – so kann eben der ‚Kosmos‘ in seiner Vollkommenheit sich durchaus auch für uns Menschen scheinbar ’negativ‘ zeigen, um dadurch erst einen notwendigen Impuls auf uns auszuüben; etwa den Impuls, uns den Willen zur Umkehr fassen zu lassen, zurück in unsere Heimat der Ewigkeit, der Himmel, zu streben.
So erweist sich dann vielleicht GERADE die ‚äußerlich herrschende Weltordnung‘, die so grausam und oberflächlich und verführerisch sein kann, als wichtiger Aspekt des ‚harmonischen Weltganzen‘, durch das wir einerseits geprüft und dabei geläutert werden, und durch das wir letztlich dann als ’sich-bewährt-habende Heimkehrer‘ wieder zurückfinden in unser Vaterhaus, in die wahre Welt, die EWIGE Welt, auf der dieses ’sich-Schmückende‘ der Welt, der ‚Kosmos‘, sich gründet.
Nun wollen wir uns aber die schon genannten zwei Bibelstellen näher anschauen, die geradezu berühmt-berüchtigt sind als Beispiele für die vermeintliche ‚Weltfeindlichkeit‘ des Christentums. Und die traditionellen Übersetzungen und Auslegungen unterstützen diese Sichtweise wohl auch. Im Folgenden sei aber einmal eine andere Perspektive auf diese beiden Stellen eingenommen. Denn so sehr die Bibel durch schlichte Schönheit besticht, so tief gehen doch dieselben Verse trotzdem, wenn man die Bereitschaft erlebt, nicht an der Oberfläche hängenzubleiben, und man den Mut hat, vorgefertigte Meinungsbilder durch die Realität vom unendlich-dimensionalen, unerschöpflichen Wort Gottes korrigieren zu lassen.
Die erste Stelle ist also 1.Johannes 2,15ff. Im Altgriechischen ist eine der gängigen Überlieferungen von folgendem Wortlaut:
‚μη αγαπατε τον κοσμον μηδε τα εν τω κοσμω εαν τις αγαπα τον κοσμον ουκ εστιν η αγαπη του πατρος εν αυτω‚
Eine traditionelle Übersetzung ins Deutsche lautet dazu:
‚Liebet nicht die Welt, noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm.‚ (Elberfelder)
Und jetzt einmal eine Übersetzung der einzelnen Bestandteile, möglichst wortgetreu, wie es etwa in bestimmten Disziplinen der Sprachwissenschaft üblich ist (‚Glossierung‘ genannt):
’nicht liebt die [äußerliche] Welt (Kosmos = Schmuck, Verzierung, s. o.) nicht-auch das in der Welt wenn/denn jemand/etwas liebt die (=Akkusativ) Welt nicht seiend die Liebe des (=Genitiv) Vaters in sich-selbst.‘
Dies nun wiederum etwas ‚geglättet‘, um einen grammatisch-korrekten deutschen Satz zu erhalten, könnte so lauten:
‚Liebt nicht die äußerlich herrschende Weltordnung (bzw. ‚die Verzierung‘, ‚das sich äußerlich Schmückende‘) und auch nicht das in dieser äußerlich herrschenden Weltordnung vorhandene, wenn [bzw: für den Fall, dass] jemand [unter euch] Liebe hat zu der äußerlich herrschenden Weltordnung, darinnen nicht die Liebe des Vaters ist.‘
Also: Einem jeden zuliebe, der (noch) Welt-Liebe OHNE die Vaterliebe darin hat, soll man selbst GAR KEINE Liebe zur Welt zeigen, damit diesem jeweiligen nicht ein falscher Eindruck vermittelt wird (da derjenige eben (noch) nicht sieht, dass der entscheidende Unterschied gerade darin besteht, dass einmal die Vaterliebe als Kern vorhanden ist, und einmal nicht.
Oder auch mit der Übersetzung ‚harmonisches Weltganzes‘ anstatt der ‚äußerlich herrschenden Weltordnung‘:
‚Liebt nicht das harmonische Weltganze und auch nicht das (Einzelne,) in diesem harmonischen Weltganzen vorhandene, wenn in solcher Liebe zu dem harmonischen Weltganzen selbst darinnen nicht die Liebe des Vaters ist.‘
Entsprechend wären dann die Folgeverse vor diesem Hintergrund zu lesen (hier zunächst in Elberfelder-Übersetzung, dann in leicht modifizierter Variante, die wiederum näher an der Original-Grammatik und, damit einhergehend, Original-Bedeutung bleibt):
‚denn alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern ist von der Welt.
Und die Welt vergeht und ihre Lust; wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit.‘
‚denn alles, was in der äußerlich herrschenden Weltordnung vorhanden ist [als Bestandteil derselben] – die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens – ist nicht vom Vater her, sondern ist von [eben] d[ies]er äußerlich herrschenden Weltordnung her.
Sowohl die(se) äußerlich herrschende Weltordnung vergeht, als auch (jegliches) eigenes Verlangen (vergeht); wer aber den Willen Gottes tut, überdauert bis hinein in das Weltzeitalter (der Ewigkeit).‘
Zum Schluss sei aber nochmal betont: Die hier angebotene Alternativ-Übersetzung des Urtextes ist NICHT ‚die einzig richtige‘! Die gängigen Übersetzungen haben ganz klar ihre Berechtigung, insbesondere schon dadurch, DASS es eben die GÄNGIGEN sind. Und ‚falsch‘ sind sie an sich erst einmal auch nicht – lediglich schwierig mit dem Rest der Bibel (bzw. mit bestimmten einzelnen Versen) in Einklang zu bringen. Aber zu dieser scheinbaren Widersprüchlichkeit wird weiter unten noch manches angeführt.
Der zweite ‚berühmt-berüchtigte‘ Vers ist dann Jakobus 4,4; zunächst hier wiederum im Altgriechischen Original (von den verschiedenen überlieferten Varianten des Verses wird hier die längste gewählt):
‚μοιχοι και μοιχαλιδες ουκ οιδατε οτι η φιλια του κοσμου εχθρα του θεου εστιν ος εαν ουν βουληθη φιλος ειναι του κοσμου εχθρος του θεου καθισταται‚
In einer gängigen Übersetzung der Schlachter-Bibel wird dies dann zu:
‚Ihr Ehebrecher und Ehebrecherinnen, wisset ihr nicht, daß die Freundschaft mit der Welt Feindschaft gegen Gott ist? Wer immer der Welt Freund sein will, macht sich zum Feinde Gottes!‘
… wobei dies eine der schlechteren Übersetzungen ist, die viele Verzerrungen der Ur-Bedeutung birgt.
Die Elberfelder-Bibel übersetzt stattdessen:
‚Ihr [Ehebrecher und] Ehebrecherinnen, wisset ihr nicht, daß die Freundschaft der Welt Feindschaft wider Gott ist? Wer nun irgend ein Freund der Welt sein will, stellt sich als Feind Gottes dar.‘
Diese Übertragung ist zwar besser als die von Schlachter, aber sie ist immer noch einen haarsträubenden Fehler bergend: sie übersetzt ‚Feindschaft WIDER Gott‘, wo der Urtext-Grammatik nach aber schlicht der Genitiv steht, also ‚Feindschaft DES Gottes‘. Nicht also wird der betreffende Mensch zu einem Feind Gottes, sondern er macht umgekehrt Gott zum Feind seinerselbst.
Luther hat sich demgegenüber in seiner Übersetzung keine derartigen Interpretationen erlaubt, sondern bleibt in der Sache dem Original treu (auch, wenn es insgesamt durchaus etwas freier übersetzt ist von der Formulierung her, als Elberfelder und Schlachter):
‚Ihr Ehebrecher und Ehebrecherinnen, wisset ihr nicht, daß der Welt Freundschaft Gottes Feindschaft ist? Wer der Welt Freund sein will, der wird Gottes Feind sein.‘
Nun zuletzt auch einmal eine möglichst wörtlich-korrekte Übersetzung, mit einigen Anmerkungen zu einzelnen Begriffen und deren altgriechischer Grammatik, die aufgrund der Beschaffenheit der deutschen Sprache in einer reinen Übersetzung nicht völlig deutlich zur Geltung kommen können:
‚Ihr Ehebrecher und Ehebrecherinnen, wisst ihr nicht, dass die Freundschaft der [*] Welt (die) Feindschaft der [**] Gottheit ist[***]?[****] Derjenige also, im Falle, wo er sogar ein Freund der Welt zu sein BEGEHRT[*****], macht sich [freiwillig] zum Feind der Gottheit.‘
*: ausdrücklich NICHT ‚zur‘, weil hier der Genitiv, nicht der Akkusativ gebraucht wird!
**: wiederum Genitiv, nicht Akkusativ! Es geht hier also um die ‚Feindschaft‘, die Gott ganz ‚automatisch‘ hegt gegen jenen, welchen die ‚(äußerlich herrschende) Welt(ordnung)‘ als ihren ‚Freund‘ betrachtet.
***: Der Satz sagt also, dass ‚von der herrschenden äußerlichen Weltordnung als Freund betrachtet/behandelt zu werden‘, identisch ist mit ‚von Gott als Feind betrachtet/behandelt zu werden‘.
****: wie alle Satzzeichen ist auch dieses Fragezeichen nicht im Original enthalten, ergibt sich jedoch recht sicher aus dem Kontext; ansonsten halt als ‚ihr wisst nicht, dass …‘ zu lesen
*****: Das hier genutzte Wort für ‚wollen‘ (boulomai) ist stärker als das andere, viel üblichere Wort für ‚wollen‘ (thelo, gegenüber boulomai 210 vs. 34 Erwähnungen in der Schrift des NT), auf EIGENwillen, auf ein ‚emotionales Begehren‘ bezogen
Nach dieser Bestandsaufnahme soll nun der scheinbare innere Konflikt der Bibel aufgelöst werden, bzw. seine ‚methodische‘ Berechtigung herausgestellt werden.
Das wesentliche Problem insbesondere mit der obigen Johannesbrief-Stelle ergibt sich aus dem Vergleich mit dem gesamten Rest der Bibel, speziell mit dem Johannesevangelium, und dort mit der berühmten Stelle Johannes 3,16: ‚Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, etc.‘.
Wenn wir als Gläubige doch die ‚Liebe Gottes‘, die ‚Liebe des Vaters‘ (‚Agape‘), in uns haben sollen, indem Christus in uns Wohnung nimmt, muss dann nicht auch Gottes ‚Liebe (Agape) zur Welt‘ darin inbegriffen sein, müssen wir dann also nicht auch diese ‚göttliche Liebe zur Welt‘ in uns haben?! Wie könnte dann jegliche ‚Liebe zur Welt‘ Ausschlusskriterium sein, die Liebe des Vaters in sich zu haben, wie es die gängigen Übersetzungen und Lesarten besagten Verses im ersten Johannesbrief (2,15) nahelegen?
… denn DASS wir die ‚Liebe des Vaters‘ in uns haben sollen, folgt ja klar als Umkehrschluss aus 1. Johannes 2,15; und siehe in diesem Zusammenhang dann auch z. B. Römer 8,39, wo ‚die Liebe [= Agape] Gottes, die in Christus ist‘ genannt wird; und dazu Galater 2,20, wo das ‚mit Christus gekreuzigt‘-Sein damit assoziiert ist, dass dann ‚Christus lebt in mir‘ – zusammengenommen also ergibt sich, dass die Nachfolge Christi ‚bis zum Kreuz‘ mit sich bringt, Christus (als lebendige Kraft) in sich zu haben, der selbst wiederum die Liebe Gottes in sich hat, welche eben auch explizit ‚die [‚böse, sündige‘] Welt‘ umfasst (siehe wiederum Johannes 3,16) …
Und vor allem: Sogar in demselben Brief des Johannes im vierten Kapitel findet sich folgende zusammenfassende Formulierung (nachdem bereits der ganze Anfang dieses Kapitels auf den Zusammenhang zwischen ‚Liebe in uns‘ und ‚Gott in uns‘ hin arbeitet): ‚Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm‘ (1. Johannesbrief 4,16b). Das Wort für ‚Liebe‘ ist hierbei wohlgemerkt immer ‚Agape‘, also die ’selbstlose Liebe, sogar gegen alle Vernunft‘, nicht ‚Philia‘, die ‚freundschaftliche Zuneigung, weitgehend basierend auf Gegenseitigkeit‘.
Ist die gängige Übersetzung von Kapitel 2, Vers 15 also völlig falsch und gehört durch die oben alternativ angebotene Übersetzung ersetzt (also sinngemäß: ‚Liebt nicht die Welt und was in ihr ist, WENN in solcher Liebe zur Welt nicht die Liebe des Vaters [als der Kern derselben] enthalten ist‘ anstatt dem geläufigen ‚Liebt nicht die Welt und was in ihr ist; DENN wer die Welt liebt, der hat in sich nicht die Liebe des Vaters‘)?
Nicht zwangsläufig, schließlich kann der griechische Urtext durchaus AUCH auf solche Art übersetzt werden, wie üblicherweise getan. Die Frage ist vielleicht eher, in welchem Kontext welche Übersetzungsmöglichkeit ‚greift‘.
Die These hierzu nun ist: Ein notwendiger Zwischenschritt auf dem biblischen Weg des Glaubens ist, die (sündige) Welt(ordnung) ’nicht zu lieben‘, sich also als ‚frisch erlöstes‘ Kind Gottes von dieser feindlichen Umgebung aktiv ‚abzusondern‘ (wie es ja auch eine der Bedeutungsnuancen des Begriffes der ‚Heiligkeit‘ vom Hebräischen her ist: ein ‚Absondern/Abgesondert-Sein für Gott‘).
Doch am Ende des Glaubensweges, als Ziel also, steht unbedingt die LIEBE zur Welt, und ja: auch zur ’sündigen‘ Welt, zu jedem Sünder, zu ‚jedem Zöllner und jeder Hure‘, und selbst zu allem und jedem ‚abgrundtief Bösen‘! So, wie eben auch Christus, als Sohn des Vaters, all dies IN UNS (mindestens als Potential vorhandene) auch liebt. Ohne deshalb zu wollen, dass es für die Ewigkeit so BLEIBT natürlich.
Der Aspekt der (gerade auch äußerlichen) ‚Absonderung‘ im Rahmen der ‚Heiligung‘ ist also nicht die Vollendung, sondern nur ein vorläufiger Schritt der Festigung, bevor dann irgendwann doch wieder die Einheit mit allem Umgebenden angestrebt werden kann (ist doch der Aspekt der ‚Ganzheit‘, des ‚Heilen‘, AUCH im Begriffe der ‚Heiligkeit‘ mit enthalten – insbesondere in der deutschen Sprache gut erkennbar) – nun mit der Zuversicht, nicht mehr ‚korrumpierbar‘ zu sein, sondern im Gegenteil, nun selbst das umgebende Böse ‚erleuchten‘ zu können: Das kleine flackernde Kerzlein, das anfangs noch bei all dem windigen Dunkel drumherum leicht erloschen wäre, ist nun eine unlöschbare Fackel geworden, die das auch noch so laut und bedrohlich brausende Finstere rundherum zunehmend erhellt, also die Finsternis einfach in Licht ‚umwandelt‘. Hier erst ist die endgültige Befreiung da: Nachdem sich durch die willentliche Absonderung von allem ‚Bösem‘ in einer bereitwilligen Offenständigkeit für die Gnade geübt worden ist, kann diese Gnade nun in Gestalt des Erlösers die Befreiungstat vollenden.
Diese ‚Stufenfolge‘, bzw. dieser ‚Dreischritt‘ der Erlösung hat seine Entsprechung auch auf ‚makrokosmischer‘ Ebene in der Ersterwählung des abgesonderten Volkes Israel, das als ‚Licht für die Völker‘ fungiert (1.), bis es dann in die Zerstreuung gerät, ins Exil (2.) – aber GERADE HIERDURCH den ‚Heiden‘ später den Zugang zum Heil ermöglicht (3.)! Sodass am Ende das ‚Volk Israel‘ (wenigstens potentiell) aus der gesamten Menschheit besteht, die dann ‚erleuchtet‘ worden ist, indem sich die zunächst streng Abgesonderten (1.) nun wieder der umgebenden ‚Dunkelheit‘ geöffnet haben (2.), und so nach und nach die Dunkelheit in Licht überführen können (3.).
Wie ja auch Christus zunächst nur ein einzelner Mensch ist (1.), der dann GERADE durch sein Sterben zum Samenkorn wird (2.), aus dem dann VIELE ‚Christen‘, also ‚Gesalbte‘ mit dem ‚Geist Christi‘, dem ‚Geist der Heiligkeit‘, dem Geist Gottes in sich bergend also, hervorwachsen (3.).
Wer nun aber ‚Christus NICHT sterben lassen will‘, das heißt auch, wer sich auf ewig (nur) ‚absondern‘ will von der Mitmenschenwelt, und wer somit die ‚böse Welt‘ um ihn herum niemals zu lieben wagt, – der ist wie Petrus, zu dem gesagt werden muss: ‚Weiche von mir, Satan!‘. Denn er will das begonnene Werk nicht zur Vollendung kommen lassen.
Und ja, der Prozess des Sterbens, das Wieder-Aufgeben jener Absonderung, in der man zwischenzeitlich, als ‚frisch-Umgekehrter‘, so freudvoll seine eigene Erlösung als perfekten inneren Frieden genießen kann, dieser Prozess ist schmerzhaft, mit viel ‚Gericht‘, also Gerichtet-Werden der eigenen Macken und Verdrehtheiten einhergehend – es ist eben die ‚Vorbereitungszeit der Braut‘, die von allen ‚Runzeln gereinigt wird‘ (Epheser 5,26f), und das heißt: ‚geläutert im Feuer‘, wie es die ‚Offenbarung des Johannes‘ in mythisch-gewaltigen Bildern detailliert beschreibt.
Aber am Ende steht eben die ‚Entdeckung der immer-währenden Präsenz des zur Herrschaft bestimmten Beistandes Gottes‘ (= wörtliche Übersetzung der ‚Apokalypse/Offenbarung‘ der ‚Parousie/Wiederkunft Jesu Christi‘), die erlebte Erkenntnis, dass also Christus Jesus uns niemals verlassen hatte, so sehr es auch zwischenzeitlich so ausschaute, sich so anfühlte …
Aber er hat sein Versprechen, wie es am Ende des Matthäus-Evangeliums überliefert wird, nicht gebrochen, im Gegenteil. Wir müssen nur Seinen ‚Geist‘, den ‚Beistand und Tröster‘, als ‚wie der Wind wehend‘ erleben lernen (siehe Johannes 3, das Gespräch mit Nikodemus): nicht also als etwas, das wir beobachten (und BE-/ergreifen) können wie einen materiellen Körper, der Arbeit verrichtet, wie wir es hier als fleischliche Menschen auf Erden können, sondern als unsichtbare, nicht-(be-)greifbare Kraft, deren Wirkungen aber bis in die ganz handfeste Materialität hinein sichtbar, spürbar und erlebbar (vor allem auch ‚hörbar‘, als Stimme, bzw. STIMMUNG vernehmbar) sind!
Hallelujah!