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Regen

3. September 2011

Wieder einmal versinke ich in gähnender Leere
Kälte klirrt in meinem Kopf wie grausiges Gewimmer
Draußen tobt der Sturm, in dessen Mitte ich gern wäre –
Doch stattdessen sitz´ ich einsam in meinem Zimmer.
Die Gedanken quälen meinen Geist mit unsäglicher Schwere –
Also hör ich auf zu denken – und ich hoffe, für immer.
Doch natürlich weit gefehlt! Die Bilder dringen wieder ein
In meine Stirn und lassen mich nur stumm um Hilfe schreien.
Der Schwall an Fetzen von Gedachtem schwemmt mich hinfort,
überkommt mich mit Wucht, zwingt mich wieder an den Ort
des Geschehens, das mich vor Jahren innerlich zerfraß –
An den Ort, an dem nebst Kontrolle auch die Vernunft versagt.
Ich höre noch den himmlischen Klang von Musik, die ich hörte,
als ich eben den Verstand verlor, das Trauma mich zerstörte
Die Mondscheinsonate, ein erhabenes Stück –
Doch verzerrt durch all das Leid klingt es nur noch entrückt.
Verrückt, wie die Momente, die ich denke, doch nicht halten kann,
verrückt – aber auch durchaus interessant.
Durch starkes Konzentrieren auf die Klänge des Klaviers
Erlange ich einen Zustand von göttlicher Benommenheit
Entziehe mich den Schlägen des Erlebten, dem Hass in mir –
Und fasse mich in erfrischender Besonnenheit.
Die fünfte Sinfonie beginnt, die Lebenslust erwacht in mir!
Der Regen trommelt ungeniert, die Blitze flackern, Donner poltert –
Es schüttet wie aus Kübeln da draußen.
Und mich befällt plötzlich ein Drang,
meinen Körper dem Regen zu stellen –
und ich fange die Tropfen mit der Hand!
O nein, ich tat es schon wieder –
mich den Reimen unterwerfen,
den Mustern anzugleichen, den Regeln zu stellen.
Ich erlag der Versuchung, dazu zu gehören –
Auch wenn es nicht gelang, so hab ich es doch probiert.
Die Zeilen gequält, und den Sinn halt verbogen,
verdreht, was nicht passte und so praktisch gelogen.
Ich schäme mich zutiefst für meine Schwäche für Ästhetik.
Ich weiß nicht was über mich kam, aber – es quält mich,
zu lesen, was ich schrieb ohne Achtung vor der Wirklichkeit.
Und selbst wenn ich jetzt tausendfach Besserung gelobe,
versuche noch zu retten, was ich vormals hab versaut,
versuch´ zu bezahlen, für das, was ich hab verbrochen –
so hilft es doch nichts, weil ich mich für Lob habe verkauft.
Ich saß in meinem Zimmer und verschlang mich selbst mit Worten.
Ich schrieb sie auf ein Blatt und ertrank in meiner Trauer.
Verlor den Sinn für Zeit und wollte nur noch, dass es aufhört –
Das Sein in seinem Leid, wie es mich in den Wahnsinn treibt
Ich gab auf – gab mich schrecklichen Bildern hin,
dachte und dachte immer weiter und fiel tiefer.
Keine Ahnung was geschieht, und kein Interesse es zu sehen.
Einfach nur verschwinden – in Wolken empor schweben
Denken ohne ständig umzudenken, ohne Grenzen denken können –
Ohne programmierte Gesetze, die mich lenken könnten.
Der Regen also brachte die Erlösung, die Katharsis.
Ich saß betrübt am Fenster, blickte raus.
Draußen tobte überall der Himmel auf Erden,
Die Nacht vorm November lud ein zum Vergnügen.
Aber ich für meinen Teil kann mich nicht überwinden,
kann mich nicht durchringen, teilzunehmen.
Festgefroren auf dem Schreibtischstuhl – ich schreibe nur.
Denke wieder einmal viel zu viel nach – ich weiß es,
nur kann ich nichts dagegen tun.
Kann weder ruhen, noch vernünftig wach sein.
Ich kann nur immer weiter die Gedanken auf mein Blatt schreiben.
Fasziniert von der Einsamkeit als menschliche Daseinsform
Kombiniert mit tief sitzender Trauer und null Wagemut.
Vor-sich-hin-Vegetation in ihrer reinsten Form –
Versuchen, noch das beste rauszuholen –
ja, ist schon ´ne schöne Vorstellung.
Doch in Wahrheit nur Selbsttherapie
für den verlorenen Sohn.

From → Lyrik

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