Das ‚Du‘ und das ‚Meer‘ …
Das ‚(je eigene, tendenziell weibliche) Du‘ und das ‚(alles umfassende, durch die ordnende Schöpfung dem Chaos entrissene) Meer‘; A-Th und J-M
Auf der Suche nach einem sinnvollen Einstieg in die tieferen Schichten der Hebräischen Bibel, welche Gegenstand dieser einleitenden Kapitel vorliegenden Symbolik-Lexikon-Projektes sein sollen, stieß der Autor auf zwei Elemente der Hebräischen (Schrift-)Sprache, die leicht auf bloße Grammatikelemente reduziert und dadurch lediglich als Textbestandteile rein ‚funktionaler‘ Natur unterschätzt werden können, geht man von den gängigen Beschreibungen des Althebräischen aus. Dadurch büßen diese zwei Elemente jedoch gänzlich ihre inhaltliche Tiefe ein, die weit über besagte Grammatikfunktion hinaus gehen kann, wenn man wagt, sie als vollwertige Wörter auch in denjenigen Satzpositionen anzuerkennen, in denen sie der Tradition nach nur als die genannten Funktionselemente gelten. Diese zwei Elemente sind die Buchstabenpaare ‚Aleph-Taw‘ und ‚Jod-Mem‘, als Grammatikelemente ‚äth‘ und ‚-(aj)im‘ ausgesprochen, wobei ersteres als eine Art Präposition auftritt, letzteres als Suffix. Als tatsächliche Inhaltswörter spricht die Tradition sie ‚Ath‘ und ‚Jam‘ aus, ‚Du‘ und ‚Meer‘ auf Deutsch.
Von diesen beiden fundamentalen Konzepten handelt nun dieses erste Kapitel der Einleitung, die als Ganzes die Ambition hegt, einen Überblick über das biblische Weltbild zu geben, das sich aus den Doppeldeutigkeiten des Hebräischen Urtextes ergibt. Alle weiteren Aufsätze greifen immer wieder auf diese zwei Grundkonzepte zurück; wie ohnehin ein jedes der folgenden Kapitel (ab einem gewissen Grad) auf den vorhergehenden aufbaut.
A-Th; das (je eigene, tendenziell weibliche) Du als ‚Alpha und Omega‘ (Aleph+Taw)
Die Buchstabenkombination A-Th findet sich in der Hebräischen Bibel insbesondere in zwei Varianten der Übersetzung (bzw. massoretischen Punktierung): 1. als ein sogenannter ‚grammatischer Marker eines bestimmten, direkten Objekts‘; 2. als die seltene Form des ‚Personalpronomens der 2. Person Singular feminin‘, sprich: ‚(weibliches) Du‘, die jedoch in einigen wenigen Fällen auch so punktiert wird, dass sie ihrem maskulinen Äquivalent A-Th-H in der Aussprache gleicht und dann als ebendiese maskuline Variante verstanden wird. Dieses A-Th als ‚Du‘ ist also fürs erste als ‚tendenziell weibliches Du‘ aufzufassen.
Bedenkenswert ist dabei außerdem, dass im Hebräischen das ‚Du‘ an sich bereits in den Verbalformen enthalten ist, und deshalb nicht notwendigerweise durch das explizite Pronominalwort ausgedrückt werden muss, wenn der zu formulierende Satz ein finites Verb enthält (also keine bloße Nominalkonstruktion ist, wie bspw. ‚der Baum ist grün‘ im Deutschen es wäre, das im Hebräischen ohne Verbalwort auskommt [Ay-Tz J-R-Q; ‚(der) Baum (ist) grün‘]). Ein ausdrückliches A-Th(-H) in einem Satz mit finitem Verb deutet deshalb auf eine besondere Hervorhebung des ‚Du‘ hin.
So wäre also das ‚A-Th‘ in diesem Sinne nicht einfach ein ‚(tendenziell weibliches) Du‘, sondern ein ‚ganz hervorgehobenes, (tendenziell weibliches) Du‘.
In Zusammenhang mit dieser Bedeutung als ‚Du‘ kann im tieferen Sinne auch die erstgenannte Bedeutung des A-Th gesehen werden, der ‚Marker des (‚Akkusativ‘-)Objekts‘. Denn die Akkusativformen der Personalpronomina leiten sich allesamt von besagtem A-Th ab (A-Th-J, A-Th-Kh, A-Th-W/A-Th-H, A-Th-N-W, A-Th-Kh-M/A-Th-Kh-N, A-Th-M/A-Th-N [Doppelformen sind solche, die zwischen maskulin und feminin unterscheiden), können also durchaus auch anstatt als ‚mich, dich, ihn, uns, euch, sie‘ als ‚mein Du, dein Du, sein/ihr Du, unser Du, euer Du, ihr Du‘ begriffen werden.
Nicht ganz selten kommt die Buchstabenkombination A-Th auch im Sinne von ‚bei, in der Nähe von‘ vor (z. B. ‚XYZ ging nach YZX, das bei ZXY liegt‘; wobei das Ziel des Weges von XYZ als ‚YZX A-Th ZXY‘ bezeichnet würde); dieses Anzeigen von ‚unmittelbarer Nähe‘ sei deshalb auch immer mitschwingend, wenn vom ‚ganz hervorgehobenen, (tendenziell weiblichen) Du‘ die Rede ist.
Zuletzt muss nun noch die schwerwiegende Tatsache in den Fokus gerückt werden, dass A-Th aus A(leph) und Th(aw) besteht, aus dem ersten und dem letzten Buchstaben des Hebräischen Alphabeth (bzw. ‚Aleph-Beth‘). Die Formulierung ‚Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang/Ursprung und das Ende/Endziel‘ aus der Offenbarung Jesu Christi ist wohl eine klare Anspielung auf diese Tatsache.
Christus spricht in der Offenbarung, dem abschließenden Buch der Bibel: ‚Ich bin das Alpha und das Omega‘; auf Hebräisch also sagt er hier ‚ich bin das Aleph und das Taw‘; ‚ich bin (das) Du‘. In diesem Sinne steht jedes A-Th in der Heiligen Schrift für den Messias in seiner verherrlichten und ‚präexistenten‘ Gestalt. Und nicht nur das A-Th in der Heiligen Schrift, die wir ‚Bibel‘ nennen, sondern auch in der Heiligen Schrift der Schöpfung insgesamt, also in jedem wahrhaftig erkannten ‚Du‘ der je eigenen Wirklichkeit.
Nennenswert sind vor diesem Hintergrund noch mindestens zwei überlieferte Ansätze, das A-Th, respektive das ‚Du‘ in dieser seiner spirituellen Dimension zu betrachten. Einer stammt von Alfred Liebezahl, der andere von Rudolf Steiner. Beide sollen hier nur grob angerissen sein, um geneigtem Lesenden lediglich den Hinweis zu geben, unter welchen Schlagwörtern bei Interesse eine Suche anzusetzen ist.
Liebezahl übersetzt das A-Th der Hebräischen Bibel (unter anderem) als ‚Du-Wunder‘ oder ‚Du-Wunder-der-Übereinstimmung‘, weil das Wort A(-W)-Th, mit einem sogenannten ’stummen Waw‘ in der Mitte (welches als O gesprochen wird, und das prinzipiell den Richtlinien der Alt-Hebräischen Sprache entsprechend auch weggelassen werden kann), ‚Zeichen, Wunder‘ und (in wieder etwas anderer massoretischer Punktierung, namentlich mit U gesprochen) auch ‚Übereinstimmung‘ bedeutet.
Steiner legt im Bezug auf das sogenannte ‚Petrus-Bekenntnis‘ (Matthäus 16,16; Markus 8,29; Lukas 9,20) ein Verständnis desselben nahe, nach dem ‚Christus als das im Gegenüber erkannte Du des lebendigen Gottes‘ zu begreifen sei, und dass Petrus (unbewusst) eben dies (auch) gemeint haben muss, als sozusagen ’nicht er, sondern der Vater im Himmel durch ihn‘ (siehe Matthäus 16,17) auf die Frage des Messias, für wen Petrus/die Jünger ‚ihn‘ (‚Jesus‘, bzw. das Petrus diese Frage stellende ‚Ich‘) halte(n), antwortet: ‚(das) Du (b)ist der Christus!‘
Das ‚Meer‘; J-M und das ‚Wasser‘, M-J-M … und einige biblische Assoziationen
Das ‚Meer‘, J-M, ist deshalb ein gewichtiges Wort für das Hebräische Weltauffassen, weil es sprachlich (zumindest den geschriebenen Buchstaben, der Schrift nach) identisch ist mit dem ‚Suffix des maskulinen Plural‘, bzw. mit der Endung der ‚majestätischen Mehrzahl‘, die große Erhabenheit anzeigt (und auch mit dem sogenannten Dual). Logisch betrachtet mag für ‚unsereins‘ (den gefallenen/’zivilisierten‘ Menschen) zwar das Meer ’nur‘ eine große Ansammlung von Wasser(n) sein – doch im Hebräischen ist das ‚Wasser‘, M-J-M, schlichtweg das ‚vom Meer her (stammende)‘; es wird also umgekehrt das Konzept von ‚Wasser‘ von einem ursprünglicheren Konzept des ‚Meeres‘ abgeleitet.
Das ‚Meer‘ nun also hat eine besonders wichtige (und nicht ganz unkomplizierte) Symbolik für die gesamte Heilige Schrift; insbesondere kommt dies zur Geltung, wenn man sich neben dem Meer selbst noch weitere Wörter und Wortwurzeln anschaut, die mit dem ‚Meer‘ in unmittelbarer Assoziation stehen. Diese wären die Wurzeln derjenigen Wörter, die in gängigen deutschen Bibelausgaben meist als ‚Abgrund/Tiefe‘, ‚Toben/Rahab‘, ‚Leviathan/Seedrache‘ und ‚Walfisch/Schlange/Drache‘ übersetzt sind. Im Folgenden soll also die Wurzel J-M vor dem Hintergrund der übrigen vier genannten Wurzeln einmal in Stichpunkten zusammengefasst werden:
Th-H-W-M: ‚Meerungeheuer der Schöpfungsgeschichte, das von Elohim besiegt wird‘, ‚Tiamat‘, Urwasser/Chaos; Ozean,Weltmeer(e); (chaotische) Wasser, auf denen die Erde ruht; sinnbildlich: ‚Tiefen des Meeres‘
Doppeldeutigkeit: ’sie ist außer sich, sie tobt‘; ’sie setzt in Bewegung/Verwirrung‘
R-H-Bv: Toben, Ungestüm; ‚mythisches Meerungeheuer‘, synonym zu Th-H-W-M; ‚Sinnbild für Ägypten‘; wörtlich: ‚es stürmte heran, es bedrängte‘; stolz, trotzig; ‚dasjenige, worauf jemand stolz ist‘
L-W-J-Th-N: wörtlich wohl ‚Gewundenes‘; (Leviathan-)Schlange; großenteils synonym zu Th-N-J-N
Th-N(-J-N): Schlange, Drache; Wal-, Haifisch; Krokodil (als solches ‚Ägypten‘ symbolisierend); Schakal, (wörtl.:) ‚Heuler‘
J-M: Meer; gleichzeitig: Pluralendung männlich, bzw. eine unbestimmbare/unzählbare Vielheit/Mannigfaltigkeit anzeigend; oder ‚Plural Majestatis‘, Erhabenheit andeutend
… als das ‚Meer‘: der bezwungene, gezähmte Überrest der Urfluten, bzw. der bösen Macht des Chaos, die vom Schöpfer zu Beginn der Weltzeit besiegt und (neu) geordnet wurde und nun insbesondere diejenigen Wasser meint, die verteilt über die Erdscheibe sich in größeren Ansammlungen finden
Beachtenswert auch: J-W-M, ‚Tag‘ (als Gesamtheit eines täglichen ‚Hell- und Dunkelseins‘, aber auch als die ‚helle Hälfte‘ dieser Gesamtheit), ist als Ableitung der Wurzel ‚Meer‘ zu verstehen, sodass J-M möglicherweise als ‚ein allgemeines etwas-ganz-Umschließen(des)/Umfassen(des)‘ zu fixieren ist, wodurch dann der ‚Tag‘, J-W-M, in etwa ‚ein konkretes umschlossenes/abgegrenztes (prinzipiell mit allem möglichen ‚angefülltes‘ Potential)‘ wäre. ‚Meere‘ und ‚Tage‘ werden konsequenter Weise gleichgeschrieben: J-M-J-M; das ‚Meer des Meeres‘, ‚Tage des Meeres‘ oder das ‚Meer der Wasser‘.
Außerdem: J-M kann die Gegend des Himmelshorizontes meinen, in der die Sonne untergeht, den ‚Westen‘, wo also die Dunkelheit Einzug erhält.
‚Unterm Strich‘:
… das ‚Meer‘ verkörpert als Teil der objektiven Schöpfung das Allgemeinste, alles beinhaltende Potential des Möglichen, Vorstellbaren; die Quelle aller Tatsächlichkeit und Fantasie, das ohne die ordnende Schöpfertätigkeit durch die un(er)fassbare Mannigfaltigkeit der Gottheit für das einzelne, wie auch für das kollektive, wahrnehmende Bewusstsein ein bedrohliches ‚Ungetüm‘, namentlich das Alles-zu-verschlingen-drohende Chaos wäre/ist.
… das ‚(weibliche) Du‘ verkörpert als Erfahrbares im subjektiven Erleben der Wirklichkeit den überall in äußerlich-wechselnder Gestalt aufblitzenden (innerlich jedoch immer-selben) Funken des spezifischen, ganz bestimmten, besonderen, konkreten Seins, mit dem sich der Einzelne in jedem Moment aufs Neue auseinanderzusetzen hat, solange er selbst als ein Individuum existiert.
A-Th und J-M sind die zwei Pole der objektiven Wirklichkeit (‚Innerlichstes und Äußerlichstes‘), und gerade in ihrem Zusammenwirken das erfahrbare Handeln des Schöpfenden, das jedoch in den allermeisten Fällen völlig ins Unbewusste des Individuums rückt, indem es zu bloßen ‚Grammatikelementen‘ der Sprache (= zu Begrenzungsregeln des Denkens und Erlebens) verkümmert. Und auf der anderen Seite, wenn es direkt als bewusst benanntes/benennbares Gegenüber (als menschliches ‚Du‘ als persönliches Gegenüber oder als physisches ‚Meer‘ als eine Masse von ungezügeltem Wasser) auftritt, ist dieses zweipolige Schöpferprinzip oft so eindringlich in seiner Wirkung, dass es entweder das Individuum sich selbst allzusehr vergessen lässt, während es mit ‚der/dem Anderen‘ ihm Gegenüber in Auseinandersetzung gerät; oder es führt in seiner (natur-)gewaltigen Erhabenheit dazu, dass das Individuum sich allzu deutlich mit sich selbst in existenzieller Angst (= Enge) konfrontiert erlebt. Das eigentlich angebrachte STILLE STAUNEN, ohne sich dabei aus der bestaunenswerten Umwelt zurückzuziehen oder gar abzukapseln – das kommt uns Gefallenen nur allzu selten ‚in den Sinn‘ …
Und zwischen beiden, zwischen A-Th und zwischen J-M, findet sich doch (wenn wir das Hebräische Aleph-Beth als Bezugsrahmen haben) das Kh-L, ‚Alles‘ und ‚Jedes‘, das ‚Ganze‘! … und zwar findet sich dieses Kh-L direkt ‚eingeklemmt‘ zwischen dem J(od) und dem M(em), also ‚in der Mitte‘ des ‚Meeres‘ als seiner unmittelbaren Begrenzung, und das Kh-L befindet sich gleichzeitig exakt in der ausgewogenen Mitte zwischen dem A(leph) und dem Th(aw) des ‚Du‘, als die weitest-mögliche Einklammerung dieses ‚Ganzen‘. Nun sind A-Th und J-M freilich nicht die EINZIGEN derartigen ‚Einklammerungen‘ von Kh-L; doch sind es diejenigen, die alle weiteren Einklammerungen umspannen, also selbst wiederum ‚diese übrigen Einklammerungen einklammern‘.
Zuletzt noch einer der wenigen in diesem Lexikon etwas näher ausgeführten Hinweise auf Zahlensymbolik: J-M ist 10-40 und A-Th ist 1-400 – in beiden spiegelt sich also auf unterschiedliche Art und Weise das Verhältnis von Eins und Vier; und der Erdenmensch, der sich zwangsläufig (nach obiger Darlegung begriffen) zwischen ‚Meer‘ und ‚Du‘ wiederfindet, und zwar nicht nur der Erdenmensch als ein einzelner, sondern die Erdenmenschheit als Ganzes, ‚Adam‘, ist bezeichnender Weise A-D-M, 1-4-40.
Und A-D, also die 1-4 in der Urform, ist genau derjenige ‚Dunst‘, der am Anfang der Menschenschöpfung aufsteigt, die A-D-M-H, den Erdboden befeuchtet und ihn klumpig macht, woraus dann erst der A-D-M durch J-H-W-H geformt wird und von diesem den ‚Odem des Lebens eingehaucht‘ bekommt.
Das 1-4-Verhältnis spielt eine fundamentale Rolle in dieser unserer Schöpfung, angefangen beim besagten die Erde befeuchtenden ‚Dunst‘ im ‚zweiten (Teil des) Schöpfungsbericht(es)‘, über das Verhältnis vom ‚Baum des Lebens‘ (233) zum ‚Baum der Erkenntnis von Gut und Böse‘ (932), die vier ‚Ströme‘ aus dem ‚Einen‘ im ‚Paradiesgarten‘ (wörtlich eher: ‚Garten der Wonne‘), über ganz ‚handfestes‘ wie unsere menschliche Finger-Anordnung dem opponierbaren Daumen gegenüber, unsere Gliedmaßen dem Kopf gegenüber oder abstrakter: die vier Raumzeit-Dimensionen der ‚objektiven‘ Realität gegenüber unserer imaginären fünften Dimension jeglicher ‚innerlich vorgestellten‘ Realität; bis hin zum Verhältnis des Herzschlages zum Atemrhythmus, also symbolisch verstanden das (im Optimalfall dennoch harmonische) Spannungsverhältnis des emotional-verstandesmäßigen ‚Pumpens irdischen Lebendigseins‘ und des inspirierenden ‚Hauches‘, der uns dieses Lebendigsein erst ‚von Außen her‘ ermöglicht als ‚der Geist, der unsere Gefühle und unseren Verstand mit ‚Sinn‘ (von der satanistischen Wissenschaft verhöhnend ‚Sauerstoff‘ genannt …) zu durchdringen vermag‘.
Für ausführliche Besprechungen dieser 1-4-Thematik sei auf Ausführungen Friedrich Weinrebs und Axel Nitzschkes (auch bekannt als ‚Alfred Liebezahl‘ und andere Pseudonyme) verwiesen. Auf letzteren sei ganz allgemein verwiesen (ohne allerdings jedes seiner Worte ‚unterschreiben‘ zu können; ganz im Gegenteil in vielen Themengebieten …); insbesondere seine Methodik, an die Hebräischen Wörter heranzugehen, hat nicht unbedeutend als Inspiration zu vorliegendem Lexikon-Einleitungsteil gedient.
Ein längeres Zitat Liebezahls biete daher zum Schluss dieser ersten Abhandlung einen Vorgeschmack auf seine sehr ausgiebigen Analysen der Vieldeutigkeit Hebräischer Wörter und seine häufigen Verweise auf die den Wörtern innewohnende Zahlensymbolik dabei (Auszug aus seiner Betrachtung des ersten Tages des Siebentagewerks in seinem Buch ‚Die Sieben Tage der Schöpfung‘):
Wir haben uns mit dem Verhältnis Eins-Vier […] zu befassen, zumal es […] auftritt als Ath oder äth (1-400), einem Wort, das in unseren Übersetzungen unter den Tisch fällt, dabei ist es entscheidend wichtig; Ath ist das „Du“ und wird, indem das stumme Waw wegfällt, genauso geschrieben wie Oth (1-6-400), „Zeichen“ und „Wunder“, und Uth, „Einstimmen, Einverstanden-Sein“. Das Du ist als Zeichen der Übereinstimmung da schon lange bevor es ein Ich giebt, als Wunder des Einverständnisses von Schöpfer und Geschöpf, von Subjekt und Objekt. Dieses Wunder wird mit Aläf, dem ersten, und Thaw, dem letzten Buchstaben des hebräischen Alfabetes geschrieben, woraus hervorgeht, dass sich der Schöpfer rückhaltlos an sein Geschöpf verausgabt, weshalb ihm selbst nichts mehr bleibt und er verschwindet, solange sich das Geschöpf nicht seiner erinnert und damit zu seinem Neu-Schöpfer wird.
Der erste Satz [der Bibel; Genesis 1,1] muss mit Einschluss des Wortes, das in den Übersetzungen weggelassen wird mit der Begründung, es sei nur die „nota accusativa“, auch lauten: „im Anfang wird erschaffen die Göttin des Meeres, das Du-Wunder der Himmel und das Du-Wunder der Erde“. Einen Dreiklang hören wir da: die Göttin des Meeres, die als erste da ist, das Du-Wunder der Übereinstimmung der Himmel und das Du-Wunder der Übereinstimmung der Erde, ihrer beider Eintracht also, ihre Concordia, die aus der Göttin hervorgeht. Und dieser Anfang wird auch das Ende sein, denn wenn er sich erfüllt, dann ist alles erfüllt, und alles weist dann hin auf den Vierten im Bunde, der sich in diesem Dreiklang verbirgt; […]
Aber wer sind wir? Warum verbirgt sich das Wesen vor sich selber, wenn wir annehmen, dass das Geschöpf dem Schöpfer gleichwertig wurde? Ist es aus Scham darüber, was diesem Du so oft angetan wurde und immer noch angetan wird, wenn die Zustimmung nicht freiwillig erfolgt, sondern erzwungen? Der Vierte kann sich aber hier nicht mehr vor sich selber verbergen, denn er ist in das Verhältnis von Eins und Vier eingetreten, und zwar als Eins von den Vieren. Von den vier Wesen, die den Thron des Einen tragen, ist es der Mensch, der an diese Stelle gerückt ist, die anderen drei sind der Stier, der Löwe und der Adler, die einen Dreiklang ihm gegenüber ergeben, von dem er ausgeschlossen bleibt solange, wie er nicht die Vier auf sich nimmt, die Pforte der Geburt und die Pforte des Todes, er ein ehemaliger und noch immer wirkender Gott.
Ath, das „Du“, ist schon im ersten Akt der Schöpfung präsent, lange bevor das „Ich“, das ihm logisch gleichzeitig und gleichwertig sein müsste, in die Erscheinung tritt, und auch dafür finden wir eine Parallele in unsererer eigenen Eksistenz; denn das Du ist in der Gestalt von Im (1-40), der „Mutter“, schon da, bevor sich unser Ich herausbildet. Das Ich erscheint in der Schrift erstmals im Munde des Adam, als er ertappt wird: wo´iro ki ejrom Anochi – „und ich fürchtete mich, denn nackt ist das Ich“ (Gen. 3,9). Das aber geschieht erst in der zweiten Schöpfungsgeschichte, und ungeheuer viel hat sich zuvor schon ereignet, so auch in unserem Leben: bevor unser Selbstbewusstsein erwacht als ein Ich, muss es sich seine Nacktheit und Verwundbarkeit eingestehen — und Entscheidendes ist zuvor schon geschehen.
Wir sehen, wie wir von Anfang an mit dabei sind, denn dies ist unser Leben seit jeher, aber nicht als vereinzeltes Ego, sondern als Du wunderbar übereinstimmend mit allem. Die Eins hat sich in der Vier doppelt gespalten, aber zugleich begegnen die zwiefach Entzweiten einander und bringen zusammen die Fünf aus sich hervor, im Wissen der Alten die Zahl des Kindes nach der Drei des Mannes und der Vier der Frau; und Heh, das Zeichen der Fünf, ist ja nur darum die weibliche Endung, weil durch die Pforte, die Vier, der Samen ein- und das Kind heraustritt. Damit wird die tiefste Sehnsucht der Götter enthüllt, der Schöpfungs-Impuls vom Ur-Anfang her als die Hoffnung, dass aus der Einheit von Schöpfer und Geschöpf etwas vollkommen Neues und Wunderbares entsteht, so schön wie ein Kind, das den Eltern ähnlich ist und trotzdem völlig anders. Dafür genügt die Drei nicht, das wäre zu einfach und nur obenhin Vater und Mutter und Kind, es geht um die Potenz der Drei und die Potenz der Vier, um die Neun und die Sechzehn, die zusammen die Potenz der Fünf sind, die Fünfundzwanzig; und dies ist die einzige Weise, den Satz des Pythagoras in natürlichen Zahlen zu schreiben.
Die Drei sorgt dafür, dass die Zwei niemals auf Dauer Eins werden können, denn immer zerfallen sie wieder in das Eine und in das Andere, in ihre Ein- und in ihre Zweiheit, aber nur mit dem Ziel, dass aus der Drei die Vier hervorkommt, die Potenz der Zwei, und mit ihr der zwiefache Schritt in die doppelte Spaltung, von der Eins in die Zwei und von der Zwei in die Vier. Das ist die Sieben des Wortes Owad (1-2-4), „Herumirren, Verlorengehen, Sich-Verirren, zu Grunde Gehen“, und so wäre auch alles Werk der Sieben für immer verloren, wenn sie nicht mit der darin übersprungenen Drei, dieser ewig Unruhe stiftenden Zahl, zusammen die Zehn ergäbe, die doppelte Fünf und die erneuerte Eins. Die Summe von Eins, Zwei, Drei und Vier ist die Zehn, und die Vier muss sich selbst missverstehen, wenn sie die Fünf auf sich fixiert, wie wir es im Crucifixus dargestellt finden, denn dies kommt der Ermordung des Kindes gleich. Nicht beseitigen soll sie die Fünf, sondern sogar doppelt erzeugen, indem sie alle drei ihr vorausgegangenen Zustände überblickt und zu sich nimmt; das alles und noch viel mehr ist in dem Verhältnis von Eins und Vier ausgedrückt.